Erlebnisreiches „Barnim Panorama“ in Wandlitz
Wer das Museum in Wandlitz besucht, sollte nicht unter Zeitdruck stehen. Was die Gemeinde im Herzen des Naturparks Barnim in den vergangenen Jahren mit dem „BARNIM PANORAMA Naturparkzentrum – Agarmuseum Wandlitz“ – so der exakte Name – auf die Beine gestellt hat, fasziniert mit seiner Themenvielfalt und der ausgefallenen Sammlung vom Traktor bis zur fußbetriebenen Bohrmaschine, von der alten bäuerlichen Puppenstube bis zur hundertjährigen Milchzentrifuge. Hinzu kommen in Vergessenheit geratene Nutzpflanzen, zum Beispiel Buchweizen, und anderen alte Kulturpflanzen im Freilichtbereich hinter dem Museum.
Der 2013 eingeweihte Neubau mit einer bizarren Innenarchitektur, die die sechs Themenbereiche mehr verbindet als trennt und einen harmonischen Überblick über Land und Leute vermittelt, beginnt mit einer Multimediashow. Vor einem großflächigen Panorama erlebt der Besucher in 300 Sekunden den Wandel einer Region von der Eiszeit bis zur heutigen Kulturlandschaft, in die vor rund 8000 Jahren der Mensch einzugreifen begann.
Das Besondere an der Konzeption des Museums ist die Verbindung zwischen Naturpark und der Sammlung des ehemaligen Agrarmuseums Wandlitz. Letzteres hatte in den Fünfzigerjahren mit einer Heimatstube begonnen, sich bis zu einem Regionalmuseum entwickelt, in der Ausstellungen wie „Vom Ich zum Wir“ die – von den Bauern widerwillig hingenommene – Kollektivierung der Landwirtschaft im heutigen Land Brandenburg gelobpreist wurde. Es war, von den wertvollen Sammelstücken abgesehen, oft genug eine sozialistische Propagandaschau.
Mit der freien Entfaltung der „Museumskräfte“ und den neuen Führungsgremien der Gemeinde entstand mit Unterstützung von Land, Bund und EU schließlich nach langen Debatten etwas ganz Neues. Unter dem Leitgedanken „Geformte und genutzte Landschaft“ werden die Themen Natur, Landwirtschaft und Technik in ihrer harmonischen Verbindung nachvollziehbar.
Mit besonderer Sorgfalt ist die Entstehung der Bodenverhältnisse dieser Landschaft dargestellt. Der Boden, über den wir achtlos schreiten, ist voller Leben, er ist als Bestandteil einer weitreichenden Biologie Nahrungsspender und Spekulationsobjekt zugleich. Einfallsreich sind viele Details zu musealen Ausstellungsstücken geworden. So gehört zum Blick aus einem oberen Fenster über den Wandlitzer See ein vier Meter langer Bohrkern, der die Vielschichtigkeit des Bodens vom Grunde des Gewässers erkennen lässt.
Mit Traktoren vom uralten Lanz-Bulldog bis zum letzten gebauten ZT 323 aus Schönebeck ist die „Traktoren-Herde“ ein Highlight der Schau. Nicht minder interessant sind die alten Dreschmaschinen, die Mähdrescher vom russischen „Stalinez“ bis zum E 512 aus Neustadt/Sachsen die Vielzahl unterschiedlicher Pflüge aus längst vergangenen Zeiten und die ost wunderlich anmutenden Haushaltsgeräte der Vergangenheit, an die sich ältere Besucher selbst nur noch vage erinnern werden.
Eine Sonderausstellung innerhalb des Museums ist der „Waldsiedlung Wandlitz“ gewidmet, die den Namen der Gemeinde lange Zeit beeinträchtigt hat, wenngleich die berühmt-berüchtigte Wohnsiedlung der SED-Spitzenfunktionäre nie zu Wandlitz gehörte, sondern immer schon zu Bernau. „Eine Landschaft der Macht“ ist das Ausstellungskapitel überschrieben. Ein Film des damaligen Jugendsenders Elf99 des DDR-Fernsehens zeigt, wie im November 1989 erstmals Journalisten – ich gehörte auch dazu – die Waldsiedlung betreten durften und mit verharmlosenden Geschichten über das tatsächliche Luxusleben und die Privilegien der Machtelite über den Tisch gezogen werden sollten. An Beweisen mangelt es in diesem bis 9. November geplanten Sonderausstellung nicht.
Alles in allem: Zwei Stunden vergingen wie im Pflug (pardon: Flug). Bei einer guten Tasse Kaffee im Foyer und mit ein paar guten Büchern aus dem reichen Angebot zum Thema verlässt man, um eine schöne Erfahrung reicher, das „BARNIM PANORAMA“.
siehe auch: https://klaustaubert.wordpress.com/2014/04/27/streiflicht-schorfheide/