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Die SPD und die Gerechtigkeit

Die SPD hat die Gerechtigkeit wiederentdeckt. Mag sein, dass die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und im Bund eine Rolle spielen, tatsächlich aber trifft sie den Nerv ihrer Mitglieder und Freunde, besonders in den ostdeutschen Ländern. Viele, zu viele, waren drauf und dran, ihr das Vertrauen zu entziehen. Etliche kenne ich persönlich – mich eingeschlossen.

Als 1989 in Schwante illegal und mutig eine ostdeutsche sozialdemokratische Partei gegründet wurde, keimte Hoffnung auf Gerechtigkeit, an der es so sehr mangelte. Ein Jahr später vereinte sich die neue Ost-Partei mit der alten Partei Willy Brandts, um Seit an Seit in die Einheit zu schreiten. Dann kam die Marktwirtschaft wie ein Tsunami über uns, die Treuhandanstalt ließ die neuen Länder plündern, Millionen verloren ihre Jobs, andere ihre Häuser. Die SPD hielt sich vornehm zurück. So wurde der „kleine Mann“ im Osten Billiglohner an der verlängerten Werkbank West, erhielt weniger Urlaub, kaum Gratifikationen, weniger Rente… Bis heute!

Wikipedia nennt Gerechtigkeit „einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, in dem es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen und der Verteilung von Gütern und Chancen zwischen den beteiligten Personen oder Gruppen gibt.“ Das ist für eine Arbeiterpartei – auch wenn sie „Volkspartei“ sein will – erstrebenswert. Doch der zeitweilige SPD-Vorsitzende gefiel sich als „Genosse der Bosse“, führte die Partei an die Regierung und auf die schiefe Bahn, kürze die Sozialausgaben für die Armen und die Vermögensabgaben der Reichen. Das soziale Ungleichgewicht wuchs und wuchs.

In der SPD nahm die Unzufriedenheit zu. Bei allen zementierten Unterschieden zwischen Ost und West sollte dann wenigstens der Mindestlohn überall gelten. Just weist das Bundesarbeitsgericht die Klage einer Brandenburgerin zurück, deren Mindestlohn von bis dahin 8,50 Euro nur mit Hilfe des auf zwölf Monate verteilten Urlaubs- und Weihnachtsgeldes zustande kommt und befürwortet damit 8,04 Euro Stundenlohn – die Gratifikationen abgerechnet. Wieder einmal wird den Ärmsten der Armen jeder Cent vorgerechnet, während bei den Reichsten nicht einmal eine Übersicht über deren Vermögen besteht. Die SPD hat Handlungsbedarf.

Es heißt, wenn die Schwarmintelligenz einer Gemeinschaft größer ist als die Führungsintelligenz, kann es geschehen, dass sich der Schwarm von der Führung löst. Das gesunde Volksempfinden setzt lange Zeit andere Prioritäten als die Parteispitze. Jetzt bemüht sich die SPD, dem „Schwarm“ von Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wieder Führung zu geben. Je stärker ihr Einsatz für Gerechtigkeit ist, umso größer werden die Chancen, dass Koalitionen wie in Rheinland-Pfalz, Thüringen, Hamburg, Brandenburg oder Schleswig-Holstein mit wechselnden Führungen bis zum Bund zustande kommen. Das könnte der Gerechtigkeit tatsächlich auf die Sprünge helfen.                                                                         

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